Vom Käse- zum Wurstbrot: Warum ich mich dazu verpflichtet habe, regelmäßig Fleisch zu essen
Das Schwein schnüffelt neugierig an meiner Hand. Als ich ihm den Rüssel kraule, wuseln immer mehr grunzende Vierpfoter heran: rosa die einen, mit schwarzem Vorder- und Hinterteil die anderen. Aber sie kriegen schnell spitz, dass ich nichts Essbares in der Hand halte. Wenig später sind sie schon wieder damit beschäftigt, in ihrem Außenauslauf nach Spannenderem zu suchen.
Ich stehe auf dem Kattendorfer Hof. Zum ersten Mal, und das, obwohl ich seit einem Dreivierteljahr gespannt mitverfolge, was sich auf diesem Demeter-Biohof nördlich von Hamburg tut. Der Kohlertrag hat unter einem Schädling gelitten, für die Zwiebelernte ist das Wetter zu nass, die Tomaten hängen voll, brauchen aber noch mehr Sonne – durch die wöchentliche E-Mail bekomme ich es mit. Und das nicht nur theoretisch, sondern ganz praktisch, denn all diese Faktoren bestimmen im Endeffekt, was bei mir auf den Teller kommt.
Den Hof finanzieren – mit Hochs und Tiefs
„Solidarische Landwirtschaft“ (gelegentlich auch CSA, Community Supported Agriculture) nennt sich die Idee, dass sich Verbraucherinnen wie ich über eine feste Monatsgebühr an einem Bauernhof beteiligen und dafür einen Anteil an der Ernte erhalten. Das kann mal viel sein, wie jetzt im Sommer zur Gemüsehochsaison, und mal wenig, wie am Ende des Winters, wenn nur noch ein paar Wurzeln und Knollen übrig sind. Käme ein Hagelsturm und würde große Teile der Ernte vernichten, dann würde mein Beitrag zusammen mit dem von anderen dazu beitragen, dass der Hof diesen Schlag überlebt. Dafür profitiere ich auch, wenn es dem Hof gut geht: entweder, weil ich mehr Lebensmittel für mein Geld bekomme. Oder weil finanzieller Spielraum für die Weiterentwicklung des Hofes genutzt werden kann. Vielleicht gibt es dann demnächst mehr Gemüse. Oder neue Käsesorten. Oder die Ställe für die Tiere werden ausgebaut – und davon habe ich auch etwas, weil mir gute Tierhaltung wichtig ist. Oder es wird irgendwann möglich sein, Schlachttieren den Transport zu ersparen, weil es eine hofeigene Schlachterei gibt.
Denn ja, auf dem Kattendorfer Hof werden Tiere gehalten, die später beim Metzger ihr Leben lassen. Auch die neugierigen Schweinchen, mit denen ich eben Bekanntschaft geschlossen habe. Möglicherweise werde ich ihnen wiederbegegnen, wenn ich in ein paar Monaten im Hofladen Wurst oder Gulasch einpacke, denn zu meinem Anteil gehört neben Gemüse und Milchprodukten auch Fleisch.
Fleisch essen, denn ohne funktioniert es nicht
Das ist neu. Also, für mich. Angefangen habe ich meine Anteilseignerinnen-Karriere mit einem halben vegetarischen Anteil. Ich esse zwar Fleisch, aber wenig und unregelmäßig. In den letzten Jahren war mein Augenmerk zudem immer mehr darauf gerichtet, den Anteil an tierproduktfreien Mahlzeiten zu erhöhen. So stand ich meist nur alle paar Wochen mal am Stand des Biometzgers auf dem Wochenmarkt. Als ich mich für den Ernteanteil am Kattendorfer Hof anmeldete, ging es mir vor allem darum, regelmäßig regionales, saisonales Biogemüse zu bekommen.
Bis ich im Protokoll des letzten Hoftreffens den Appell las, die Mitglieder sollten doch auch nicht-vegetarische Anteile nehmen, denn nur mit einer zuverlässigen Abnahme von Fleisch könne das Hofsystem funktionieren. Ich dachte nach. Und dann schrieb ich eine Mail an den Hof. Jetzt zahle ich etwas mehr, und dafür stehen mir wöchentlich 350 Gramm Fleisch und Wurst zu. Eine Umstellung für mich, denn bisher habe ich Fleisch immer nur bei konkreter Lust darauf gekauft. Jetzt muss ich überlegen, was ich kochen könnte, um es zu verbrauchen.
Aber nun will mir endlich auch mal angucken, wie die Tiere leben, deren Haltung ich mitfinanziere. Deshalb bin ich an diesem Samstagmorgen mit Bahn und Fahrrad aufs Land gefahren und stehe jetzt auf dem Kattendorfer Hof in einer Gruppe von Menschen, die sich für die SoLaWi (Solidarische Landwirtschaft) interessieren. Sie alle hören Mathias von Mirbach zu, der die SoLaWi Kattendorfer Hof vor 19 Jahren mit Kollegen gegründet hat und uns nun den Hof zeigt.
Erste Station: der Schweinestall. Ein Gegrunze und Gequieke! Aber gestresst wirkt keines der Tiere, obwohl gerade eine Horde Fremdlinge durch ihr Wohnzimmer spaziert. Seelenruhig liegen ein paar Sauen im Stroh und lassen ihre Ferkel trinken. Kein Kastenstand weit und breit. Während in konventionellen Schweinezuchtbetrieben die Muttersauen oft wochenlang fixiert werden, damit sie ihre Ferkel nicht erdrücken, dürfen sie sich hier im Abferkelstall frei bewegen.
Nachhaltige Landwirtschaft braucht Tiere
Und was gibt’s zu fressen? „Wir verfüttern die Molke aus unserer Käserei an die Schweine, außerdem das, was in der Gärtnerei an Gemüseresten anfällt“, erklärt Mathias. „Die Tiere verwerten also das, was sonst entsorgt werden müsste. Sonst füttern wir nur noch Getreideschrot und Leguminosen.“ Ein erster Einblick in das System dieses Biohofs: Hier wird möglichst viel dessen, was erzeugt wird, auch verwertet. Manche Kalorien müssen dazu erst einmal den Umweg über das Tier machen, weil sie nicht direkt für den Menschen nutzbar sind. Manchmal heißt das, dass Tiere gemästet und geschlachtet werden, so wie diese Schweine.
Weiter geht’s zu den Rindern, die gerade gefüttert werden. Auf die Weide kommen sie erst abends, denn: „Es sind Waldschattentiere. Pralle Sonne mögen sie gar nicht.“ Gelassen zermahlen sie zwischen ihren mächtigen Kiefern das Kleegras, das auf den hofeigenen Feldern gewachsen ist. Dort erfüllt es gleich einen doppelten Zweck: nicht nur als Futter für die Rinder, sondern auch als Mittel zur Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit, denn in seinen Wurzeln leben Knöllchenbakterien, die Stickstoff binden können.
Düngemittel Nummer zwei gewinnt der Hof jedes Mal, wenn eine der Kühe den Schwanz hebt. Der Mist der Tiere ist hier unverzichtbar, schließlich ist Stickstoffdünger aus der Chemiefabrik in der Biolandwirtschaft tabu. Aus gutem Grund, denn seine Herstellung kostet enorme Mengen an Energie. Tierhaltung sorgt dafür, dass die Felder auf nachhaltige Weise fruchtbar sind und bleiben. Das heißt: Gemüse gibt es im Ernteanteil nur, weil es die Tiere gibt.
Der große Milchirrtum
Aber würde es dafür nicht reichen, Kühe (und Ziegen) zu halten, zu melken und ansonsten am Leben zu lassen? Leider: nein. Denn Milchviehhaltung funktioniert nicht ohne Fleisch – was viele Vegetarier_innen übersehen, wenn sie glauben, ihr Joghurt und ihr Käse tue keinem Tier etwas zuleide. Denn Kühe geben nicht einfach so Milch, sondern nur, wenn sie ein Kalb geboren haben.
Nun gibt es – ebenso naturgemäß – weibliche und männliche Kälber. Die Kuhkälber werden irgendwann selbst zu Milchkühen. So weit, so gut. Aber die männlichen? Für mehr als einen Zuchtbullen pro Herde gibt es keine Verwendung, und der duldet ohnehin keine Konkurrenz. Also werden die Bullenkälber gemästet und geschlachtet. Immer. Für die meisten Biomilchhöfe heißt das sogar, ihre Kälber an konventionelle Kälbermastbetriebe zu verkaufen, weil der Markt für Biokalbfleisch viel zu klein ist und es entsprechend kaum Mästereien gibt. Dort werden ihnen als Erstes die Hörner entfernt, weil in den eng besetzten Ställen die Verletzungsgefahr sonst zu groß ist. Die Kattendorfer Rinder dagegen tragen Horn. Außerdem behält der Hof seine männlichen Kälber selbst bis zur Schlachtreife. „Auch deshalb bin ich froh, dass es genügend Mitglieder gibt, die das ermöglichen, indem sie uns das Fleisch dann auch abnehmen. Im Gegenzug können sie sich über richtig gute Qualität freuen“, stellt Mathias von Mirbach klar.
In einem abgeteilten Verschlag stakseln zwei Kälber um eine Kuh herum. Eins senkt den Kopf zum Euter und trinkt – ein seltener Anblick auf einem Milchhof. Denn obwohl die Milch von der Natur für die Kälber gedacht ist, werden die Jungtiere vom Menschen als Konkurrenten um die begehrte Flüssigkeit betrachtet. Üblicherweise trennt man Kühe und Kälber schon wenige Tage nach der Geburt. Künftig bekommen die Kälber die Milch (in der konventionellen Haltung sogar oft Milchersatz) aus dem Eimer, und die Kühe werden gemolken. Nur so geben sie den wertvollen Stoff in ausreichender Menge. Aber die Trennung ist für beide Seiten belastend, und man muss die Tiere nicht arg vermenschlichen, um zu sehen, dass den Kälbern die Nähe der Mutter fehlt.
Auf dem Kattendorfer Hof geht man seit Neuestem einen anderen Weg: den der Ammenkuhhaltung. Zwölf Kühe, die nicht mehr gemolken werden können, säugen jetzt die Kälber. Die bekommen Körperwärme, dürfen trinken, wann sie wollen – „und sie sind gesünder“, sagt Mathias. Ich weiß von anderen Höfen, zum Beispiel den Ökomelkburen, wo man in Sachen Tierwohl noch einen Schritt weitergeht und die Kälber gar nicht mehr von ihren Müttern trennt. Aber, auch das macht Mathias von Mirbach deutlich: Der Hof ist immer noch ein Wirtschaftsbetrieb. Mutterkuhgebundene Kälberaufzucht bedeutet dann eben, dass die Milch knapper und teurer wird.
Bullerbü ist anderswo
Denn das muss man sagen: Hier ist nicht Bullerbü und Bilderbuch, auch wenn Rosen an der Stallwand wachsen und die Ziegen lustig über ihre Felsen klettern. Landwirtschaft bedeutet einfach, dass Kompromisse zwischen Tierwohl und Wirtschaftlichkeit gemacht werden müssen. Schweine, Kühe, Ziegen sind Nutztiere, keine Streicheltiere, und das heißt: Wir Menschen nutzen sie. Schön ist das nicht immer. Aber wenn wir Menschen leben und essen wollen, dann müssen wir in unsere Umwelt eingreifen, und das nicht zu ihrem Wohl.
Trotzdem gefällt mir, was ich bei unserem Hofrundgang sehe und erfahre. Zum Beispiel, dass demnächst auch der Versuch unternommen wird, Ferkel nicht mehr zu kastrieren. Das wird in der Schweinehaltung so gut wie immer gemacht, weil das Fleisch männlicher Schweine beim Erhitzen gelegentlich den sogenannten Ebergeruch entwickelt – unessbar. Aber inzwischen gibt es die Möglichkeit, Ebergeruch im Schlachthof durch geschulte Mitarbeiter zu identifizieren, indem ein kleines Stück Fleisch erhitzt wird. Hat es den Fehler, kann das Fleisch immer noch kalt verarbeitet werden, zu Salami beispielsweise.
Ich bin auch froh, dass ganz in der Nähe geschlachtet wird, nämlich nur fünfzehn Kilometer weiter. Das erspart den Schlachttieren Transportstress, und geschlachtet wird in einer Handwerksmetzgerei (Pirdzuhn in, ja, doch: Todesfelde), nicht in einem Großschlachthof mit unterbezahlten Leiharbeitern und Fließband-Zeitdruck, der immer wieder zu den bekannten Horrorgeschichten führt.
All das geht für mich in die richtige Richtung, und ich bin froh, dass ich einen klitzekleinen Anteil dazu leisten kann. Ich weiß jetzt, dass ich – für mich – die richtige Entscheidung getroffen habe, auch das Fleisch des Hofes regelmäßig abzunehmen.
- Brotsalat mit Dicken Bohnen
- Salzgurken fermentieren oder die Lust am Unberechenbaren
Liebe Sabine,
was für ein toller Bericht. Ich bin begeistert, wie gut und differenziert du das alles recherchiert und dargestellt hast. Ich bin neulich auch fast Mitglied der Bonner SoLaWi geworden. Letztendlich habe ich es erstmal gelassen, weil ich schon seit zig Jahren Gemüsekisten-Stammkundin bei meinem Bioladen bin. Beides ist mir dann doch zu viel. Aber dein Bericht bestärkt mich darin, es irgendwann auszuprobieren.
Danke und viele Grüße von Gabi
Vielen Dank, das freut mich! Gemüsekiste ist ja auch schon super. Und ich bin auch erst jahrelang um die SoLaWi rumgeschlichen. Den Ausschlag hat gegeben, dass – ganz profan – für mich in Idealnähe einer der Kattendorfer Hofläden eröffnet hat. Es muss sich ja auch alles in den Alltag einbauen lassen.
Hallo Sabine,
Du hast das sehr informativ und anschaulich den ökologischen Hofkreislauf beschrieben :-)
Danke – das Lob von der Expertin freut mich natürlich besonders. :-)
Hallo Sabine,
ich kann mich meinen Vorschreiberinnen nur anschließen. Ein wirklich toller und wichtiger Post. Und ja – jeder kann nur einen klitzekleinen Anteil leisten. Aber viele klitzekleine Anteile summieren sich.
Ich wünsche dir noch eine wunderschönen Abend.
Lieben Gruß Sylvia von der Krautgarten-Manufaktur
Danke schön! Sicher sehen die Anteile, die wir leisten können, verschieden aus. Ich habe ja wirklich Glück, dass ich einen solchen Hof in der Nähe habe und meine Lebensmittel (zumindest zum Teil) aus einem System beziehen kann, das funktioniert.
Moin liebe Sabine,
ein ganz toller Artikel. Mit dem was du schreibst, sprichst du uns förmlich aus der Seele. Auch ich habe lange gebraucht, bis ich diesen Kreislauf kapieren wollte, denn ich dachte immer, es reicht einfach auf Tierprodukte zu verzichten. Doch so einfach ist das leider nicht. Darum ist Aufklärung auch so wichtig. Wir versuchen das bei unseren Leser auch, damit immer mehr Menschen begreifen, dass es nicht nur schwarz und weiß gibt. Eine konventionelle Massentierhaltung muss definitiv nicht sein, denn es geht auch so, wie du es schön in deinem Beitrag beschreibst, nachhaltig und tierfreundlich. Danke dafür.
Herzlichst,
Claudia
Vielen Dank für den netten Kommentar! Ich hoffe auch, dass wir irgendwann wegkommen von der Massentierhaltung. Einstweilen sieht es ja leider so aus, dass wir hier zwar weniger Fleisch konsumieren (zumindest ein bisschen weniger), aber trotzdem immer mehr produziert wird – für den Export. Man könnte manchmal verzweifeln … Aber es ist zumindest gut, dass es im Kleinen (hier ein Hof und da ein Projekt) Systeme gibt, die funktionieren und als Modelle herhalten können.
Tja, wir Menschen halten sei der neophylitischen Revolution Tiere aus wirtschaftlichen Gründen, erhalten durch aufessen bei größtmöglichem Tierwohl. Das bedeutet eben nur ab und zu Fleisch, aber dann zu wissen, woher es kommt.
Klar, Tiere werden vom Menschen seit vielen Tausend Jahren gehalten. Was ja nicht heißt, dass man nicht immer mal wieder darüber nachdenken sollte, ob das so richtig ist. Aber ich gebe Dir absolut recht: Das Wissen um die Herkunft ist wichtig. Was für mich wie für viele andere eine echte Herausforderung und ein hoher Anspruch bleibt.
Liebe Sabine,
bitte verzeih, dass ich deinen sehr guten und lesenswerten Beitrag im KD geteilt habe, bevor ich hier überhaupt kommentiert habe. Ich musste mir erst ein paar Gedanken machen, wie ich eigentlich derzeit zu dem Thema stehe. Was du beschreibst, ist für mich absolut sinnvoll – und auch nicht neu. Ich bin ja in einer Szene aufgewachsen, in der so ein Kreislauf auf den Höfen absolut selbstverständlich war. Meine Mutter hatte irgendwann einfach ein paar Hühner zu viel geschlachtet, so dass sie den Schwerpunkt der Familienernährung auf Gemüse & Co. legte. Dennoch habe ich bis vor kurzem Fleisch gegessen – mit Genuss. Dass ich dies für mich derzeit ausschließe, hängt mit meiner Tätigkeit als Tierkommunikatorin zusammen. Seit ich mich damit beschäftige, habe ich nicht nur mit Haustieren gesprochen, die die Menschen als Freunde und Familienmitglieder ansehen, sondern auch mit Vertretern solcher Arten, die hierzulande gern auf dem Teller landen. In allen Fällen war und bin ich fasziniert davon, was Tiere wissen, denken und fühlen. Und ich mag einfach niemanden essen, mit dem ich reden kann. Ich will nicht komplett ausschließen, dass sich das irgendwann noch mal ändert, aber derzeit ist das so.
Danke für deinen spannenden Beitrag & herzliche Grüße!
Da gibt’s nix zu verzeihen – danke fürs Teilen! :-) Ich kann Deine Haltung sehr gut verstehen. In meinem Artikel habe ich ja (wohlweislich) das ethisch-moralische Dilemma ausgeklammert, ob man Tiere töten darf oder nicht. Ich für mich beantworte das mit Ja, nach ausgiebiger Lektüre von Jonathan Safran Foer et al., aber wer weiß? Vielleicht ändere ich diese Meinung ja auch irgendwann. Es berührt mich jedenfalls, was Du von Deinen Erfahrungen in der Tierkommunikation berichtest. Fragen der Ernährung werden dadurch natürlich nicht einfacher. Im Endeffekt werden wir Menschen immer mit dem Wissen leben müssen, dass wir in unsere Umwelt eingreifen müssen, um uns zu ernähren. Danke für Deinen Kommentar!
„Im Endeffekt werden wir Menschen immer mit dem Wissen leben müssen, dass wir in unsere Umwelt eingreifen müssen, um uns zu ernähren.“
Wo ist das nicht so? Der Mensch ist ggf. das einzige Lebenwesen, dass sich darüber Gedanken machen kann, aber jedes andere Lebewesen greift auch in die Umwelt ein, um sich zu ernähren. Selbst Fleischvermeider. ;-)
Schon klar. Aber wir Menschen tun manchmal so, als könnten wir vollkommen klima-, umwelt- und schuldneutral leben, wenn wir uns nur genügend Mühe geben. Ich nehme mich da noch nicht mal aus; schließlich geht es auch in diesem Artikel darum, sich so zu verhalten, dass es die geringstmöglichen schädlichen Auswirkungen hat.
Das Ziel ist ja nicht schlecht (also das mit den geringstmöglichen schädlichen Auswirkungen), aber die bisher so medial ventilierten Wege dahin scheinen mir immer nur ein Rumdoktoren an den Symptomen, aber nicht ein Arbeiten an den Ursachen. Und es gibt offensichtlich keinen gesellschaftlichen Willen, das wirklich und grundlegend zu ändern, weil die Meinungsherrschaft von denen bestimmt wird, denen die aktuelle Situation am meisten nutzt.
Und ein wenig mehr Rationalismus in der (gesellschaftlichen) Diskussion und weniger Emotionen, das wäre doch mal eine schöne Idee. Darüber hinaus muss mal mit der Mär aufgeräumt werden, dass (nur) der Verbraucher die Macht hat, irgendwas durch sein Konsumverhalten zu ändern. Das wird nix. Darauf sind wir nicht konditioniert. Da muss ganz vorn in der Erzeugerkette angegriffen werden, und wenn dann am Ende nur noch vernünftige Produkte herauskommen, wendet sich alles von allein zum Guten.
Mir gefällt sehr gut was und wie du schreibst. Hier in meiner kleinen Ecke vom Schlaraffenland habe ich alle Möglichkeiten recht unkompliziert an Lebensmittel- pflanzlicher wie tierischer Herkunft- zu gelangen die das wirtschaftliche Wohl der Erzeuger wie die Lebensqualität der „Erzeugten“ berücksichtigen. Als Stadtkind war ich da früher viel unkritischer, auch unwissender. Und finde dein Engagement für eine verantwortungsvolle Landwirtschaft vorbildlich, gerade auch dass du dir selbst ein Bild machst. Und zu guter letzt- guten Appetit bei deinen Fleisch-, Wurst- und Gemüse-Genüssen!
Danke schön, liebe Anna C.! Wie schön, dass Du auch so gute Lebensmitteleinkauf-Möglichkeiten hast. Das war übrigens auch einer der Gründe, warum ich das mit der Solawi angefangen habe: Ich wollte erproben, wie praxistauglich die Sache ist, auch für eine Städterin wie mich.
Liebe Sabine,
ich schließe mich den Vorrednerinnen an und danke herzlich für den informativen Artikel. Weißt du zufällig, ob es irgendwo eine Übersicht gibt, wo überall im Land es solche SoLaWi-Betriebe gibt? Herzlichst, Alexa
Gerne! Hier gibt es eine Karte, auf der man SoLaWis in der Nähe des eigenen Wohnortes suchen kann: https://ernte-teilen.org/map#/ Ob dort allerdings restlos alle Höfe verzeichnet sind, weiß ich natürlich nicht. Weitere Infos zum Prinzip SoLaWi gibt es hier: https://www.solidarische-landwirtschaft.org/startseite/
Liebe Sabine,
heute bin ich zum Hofladen in der Schanze geradelt und habe meinen halben (Probe)-Ernteanteil mit Fleisch erworben. Gleich Möhren, Salat und Zitronenbasilikum (gab’s umsonst dazu), Gulasch und Käse eingepackt! Für 4 Wochen im September probiere ich mal aus, wie es geht und was es alles gibt.
Danke für deinen Bericht und die Anregung!
Liebe Ulrike, warum sehe ich Deinen Kommentar bloß erst jetzt?! Das freut mich ja sehr, dass Dich mein Artikel inspiriert hat. Erzähl gerne mal, wie es Dir mit dem Ernteanteil so ergeht!
Liebe Sabine, jetzt zur Monatsmitte habe ich meinen Gemüseanteil schon fast aufgebraucht – auch weil die Kartoffeln beim halben Anteil als Gemüse zählen. Aber für den Rest des Monats habe ich noch Milchprodukte (leckeren Quark und Joghurt) und etwas Fleisch- und Wurstwaren gut. Neulich habe ich Pellkartoffeln mit Schnittlauchquark und Leinöl gegessen. So was Feines!
Ich überlege noch, einen ganzen Anteil für ein Jahr zu erwerben. Mal schauen was mich an Produkten über den Winter erwartet.
Hmm, ich hab ja auch einen halben Anteil, aber Kartoffeln gehen doch trotzdem extra?! Jedenfalls: Schön, dass ich Dich inspiriert habe! Das freut mich wirklich.
Hm, die ethische Perspektive ausklammern? Warum?
Es geht auch ohne das Nutzen und Töten von Tieren, siehe bio-vegane Landwirtschaft.
Die Tierethik war hier einfach nicht mein Thema. Und alles, was ich bisher über biovegane Landwirtschaft gelesen habe, legt nahe, dass die Erträge noch mal deutlich geringer sind als bei der ökologischen Landwirtschaft. Ich verfolge das Thema aber durchaus.
Zu sagen, dass „Tierethik hier einfach nicht mein Thema“ war, wenn es um das LEBEN von leidensfähigen Lebewesen geht, finde ich doch recht ignorant. Egal wie „nett“ die Schlächter sein mögen, es bleibt der Fakt, dass ein Tier für einen billigen Genuss getötet wird, was für den Menschen nicht notwendig ist, um zu überleben. Und kein Tier stirbt genau wie der Mensch freiwillig und gern. Woher nehmen wir uns das Recht? Der Hinweis auf die Historie ist schwach. Es gibt so viele Dinge, die historisch waren, aber dafür sind sie immer noch nicht gut oder richtig und heute noch unterstützendswert siehe Frauenrechte, Sklaven, Kinderarbeit und so weiter. Was ist das für ein Vergleich, dass man Tiere töten und essen MUSS, damit ein Hof überlebt, wenngleich der Hof ebenso mit pflanzlichem Anbau überleben könnte?! Niemand zwingt ihn, Tiere zu halten und zu vermehren. Und der Verkauf der Kälber an konventionelle Mastbetriebe ist Teil des Systems, das man damit unterstützt. Für mich ist das eine Schönfärberei und ein fadenscheiniger Grund, um weiterhin unsere Brüder und Schwester zu töten für Essen. Guter Ansatz, aber leider falsche Richtung.
Hallo Ulrike, vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar! Ignorant fühle ich mich nicht; ich habe mich mit der Frage, ob es moralisch zu rechtfertigen ist, Tiere zu töten, schon auseinandergesetzt. Für mich bin ich dabei zu dem Ergebnis gekommen, dass ich es rechtfertigen kann, weil Tiere kein Bewusstsein ihrer Zukunft haben – sie ihnen zu nehmen halte ich daher für vertretbar, wenn ich ihnen dafür zugestehe, in der Gegenwart gut und schmerzfrei zu leben. Natürlich stirbt kein Tier freiwillig und gern; das ist eine Sache der Urinstinkte. Die wohl nach neueren Forschungen auch Pflanzen haben. Schuldfrei zu leben ist für den Menschen nicht möglich, aber ich bin der Überzeugung, dass man die eigenen schädlichen Auswirkungen auf die Umwelt zumindest so klein wie möglich halten sollte. Noch zwei Anmerkungen: Es geht mir nicht darum, das Überleben des Hofes zum Selbstzweck zu erheben. Es geht mir um die Produktion von Lebensmitteln für genügend Menschen. Und der Hof könnte mit rein bioveganem Anbau nicht nachhaltig genügend Nahrung produzieren; das legt zumindest alles nahe, was ich bisher gelesen habe. Und zweitens: Ich habe nicht aus der Geschichte heraus argumentiert. Denn ich sehe es wie du: Auch was man „immer so gemacht hat“, sollte man immer wieder kritisch unter die Lupe nehmen. Und sicher ist mein Nachdenken über Fleischessen und Biolandwirtschaft auch noch lange nicht zu Ende. Aber aktuell komme ich dabei zu anderen Ergebnissen als du.
Liebe Sabine,
ich bin’s noch mal. Ich mag dir noch mal schreiben, was bei einer Kaffeeklatsch-Einladung in der vergangenen Woche passiert ist. Es gab dort neben vielen tollen Kuchen und Torten für die herzhafte Fraktion – zu der ich mich ja zähle – auch eine Quiche. Allerdings war etwas Speck drauf – was wiederum zu der Diskussion führte, warum ich kein Fleisch esse. Ich sagte also: „Seit ich mit Tieren rede, esse ich sie nicht mehr.“ Worauf mein Nachbar, ein Bio-Bauer, sagte: „Ich esse nur Tiere, mit denen ich vorher geredet habe.“ :) Zwei Perspektiven und eine Meinung, die ich unbedingt respektieren kann. Ich denke, wir zwei sind einander letztlich viel näher als derjenige es ist, der im Supermarkt das Billigfleisch kauft.
Herzlichste Grüße!
Liebe Barbara, genau, ich glaube, ihr seid da wirklich nicht weit auseinander: Euch beiden geht es um Respekt vor dem Tier. Und davor habe ich wiederum großen Respekt. Danke für diese schöne Geschichte!
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