Mehr veggiefreundliche Restaurants, bitte!

Letzte Woche gab es bei uns jeden Abend Berge von Gemüse: Wir hatten Nachholbedarf. Nach zwei Wochen Radtour durch die (wunderschöne!) Steiermark hatte ich das Gefühl, meinen Fleischbedarf erst einmal mehr als gedeckt zu haben.

Die Mur im Salzburger Lungau

Hier fließt die sehr jugendliche Mur noch durchs Salzburger Lungau.

Gut war’s; das auf jeden Fall. Ich mag ja bodenständige Küche und habe mit Genuss gekochtes Rindfleisch mit Apfelkren (Apfelmeerrettich), Blunzengröstl (Blutwurst und Kartoffeln, in der Pfanne knusprig gebraten) und Gulasch mit Knödel gegessen. Sogar an Beuschel (Lungenhaschee) habe ich mich herangewagt – meine persönliche Mutprobe –, und ich fand’s prima.

Teller mit Speck, Wurst, Käse

Speck und Wurst vom Wollschwein und tolle Käsesorten in der Greißlerei De Merin, Straden

Nur: Hätte ich meine Fleisch-reduzieren-Vorsätze nicht für die Dauer des Urlaubs auf Eis gelegt, dann hätte der Urlaub kulinarisch deutlich eintöniger ausgesehen. Vegetarier_innen hätten an unserer Stelle vermutlich immer abwechselnd Kässpätzle und Käferbohnensalat essen müssen; Veganer_innen dann wohl nur den Käferbohnensalat. Klar, Mehlspeisen gab’s natürlich auch, aber ich bin ja nicht so sehr für süße Hauptgerichte. Außerdem mussten Topfenstrudel und Kaiserschmarrn ja noch als Nachtisch herhalten!

Käferbohnensalat

Käferbohnensalat: Kann man gut essen. Aber bitte nicht jeden Abend.

Die vegetarische Auswahl auf den Speisekarten war jedenfalls ziemlich mau. Zumindest auf dem Land, wo wir die Mur entlanggeradelt sind.

Man hat die Wahl: zwischen Speck und Speck.

Man hat die Wahl: zwischen Speck und Speck.

In Graz sah das zum Glück anders aus (mehr dazu im PS zu diesem Artikel). Das klassische Stadt-Land-Problem also, das mir zu Hause genauso begegnet: Kaum ist man aus den größeren Städten raus, dominiert Fleisch die Speisekarten. Da bekommt man häufig kaum eine Gemüsecremesuppe, die nicht wenigstens mit ein paar Speckwürfelchen „veredelt“ ist, und welche Brühe verwendet wird, fragt man lieber gar nicht erst. Vegetarier_innen bleiben dann die Nudeln mit Tomatensauce von der Kinderkarte – oder „der große Salat, aber bitte ohne Puten-, Lachs- und Schinkenstreifen. Nein, auch keine Krabben stattdessen, bitte.“

Stuckdetail am Hackl-Haus in Leoben

Obst und Gemüse hat in ländlicher Gastronomie oft eher Deko-Charakter. (Stuckverzierung am Hackl-Haus, Leoben)

Diese Erfahrung noch frisch im Kopf und auf der Zunge, stolperte ich letzte Woche über die österreichische Initiative „friendly food“ der Stiftung Vier Pfoten und dachte: „Ja, genau! So was müsste es auch in Deutschland geben.“ Fleisch reduzieren statt Fleisch verteufeln hat sich dieses Projekt auf die Fahnen geschrieben. Und das soll nicht dadurch erreicht werden, dass zur allgemeinen Askese aufgerufen wird: Nein, die Initiator_innen wollen unter anderem

– das Angebot und die Sichtbarkeit von vegetarisch-veganer Kost in der Gastronomie fördern;
– die vegetarisch-veganen Alternativen steigern, ohne Fleischessen per se zu diskriminieren;
– Produkte aus artgemäßer Tierhaltung (z.B. kontrolliert biologischer Landwirtschaft, Weide-oder Freilandhaltung) zusammen mit der Gastronomie etablieren;
– den Einsatz von saisonalen und regionalen Lebensmitteln fördern;
– Menschen, die gerne einmal auf Fleisch verzichten möchten, die Möglichkeit geben, in ihren angestammten Lokalen auch frische, kreative, vegetarisch-vegane Gerichte genießen zu können.

Die Initiative möchte möglichst viele Restaurants davon überzeugen,

täglich mindestens ein frischgekochtes, fleischloses Hauptmenü (Tagesteller, Mittagsmenü) und/oder mindestens drei hochwertige, vegetarische Speisen à la carte anzubieten […].

Attraktive Alternativen zu Fleischgerichten schaffen – das finde ich großartig! Ich kann nur hoffen, dass sich diese Idee rasch ausbreitet, nicht nur in Österreich. Und nicht nur in den größeren Städten.

Liebe friendly-food-Initiator_innen: Viel Erfolg! Und falls ihr feststellt, dass den Gastronom_innen, mit denen ihr zusammenarbeiten wollt, nichts zum Thema „fleischlos“ einfällt, dann drückt ihnen einfach die Kochbücher Österreich vegetarisch* beziehungsweise Deutschland vegetarisch* in die Hand, ja? Da gibt’s reichlich Inspiration.

Disclaimer: Vier Pfoten ist ein Kunde von mir. So habe ich überhaupt von der Initiative friendly food erfahren. Dieser Artikel entstand allerdings auf meine eigene Veranlassung hin und ohne Wissen von Vier Pfoten, und ich bekomme dafür keinerlei Vergütung irgendwelcher Art.

PS: Wer von euch noch nie in Graz war – hinfahren! Anschauen! So eine wunderschöne Stadt. Ich war ganz verliebt.

Graz: Blick vom Schlossberg auf die Stadt

Graz: Blick vom Schlossberg auf die Stadt

Graz: Die künstliche Murinsel bei Nacht

Graz: Die künstliche Murinsel bei Nacht

Ach was – schon gebucht? Das ging aber schnell. Na gut, dann kommen hier noch schnell drei kulinarische Tipps:

Im sehr netten Mau Shi haben wir unserer Gemüsesehnsucht nachgegeben und sind der steirischen Küche für einen Abend untreu geworden. Kein vegetarisches Restaurant, nein, aber eins, in dem man sich in wirklich gemütlicher Wohnzimmeratmosphäre durch halb Asien futtern kann, vegetarische und vegane Gerichte inklusive. Wenn ich sage „durch halb Asien“, dann meine ich das übrigens nicht in der Art der üblichen Sushi-Tandooris mit Thai-Spezialitäten: Auf der Karte stehen nur sehr wenige sehr ausgewählte Gerichte. Und sehr viele lustige Getränke, unter anderem bonbonbunte Brausen, die sich beim studentischen Teil des Publikums großer Beliebtheit erfreuten.

Im Steirer (eine Empfehlung, die ich mir aus dem Slow-Food-Magazin herausgepickt hatte) hätte ich fast wieder vegetarisch gegessen, denn es standen ein paar durchaus verführerische Sachen auf der Karte. Aber dann erlag ich der Versuchung und bestellte das Wiener Schnitzel. Das stammte nämlich korrekt vom Kalb und nicht vom Schwein wie sonst allüberall. Es hat großartig geschmeckt! Ansonsten widmet sich die Küche im Steirer mit Hingabe den – Überraschung! – steirischen Spezialitäten, und am liebsten hätte ich mich von oben bis unten durchprobiert. Die Atmosphäre ist ziemlich schnörkellos; man sitzt quasi im Weinladen und -lager. Das heißt allerdings auch, dass es eine anscheinend regelmäßig wechselnde Auswahl von einem Dutzend offener Weine gibt, sodass man sich glasweise durchprobieren (und dann natürlich auch gleich kaufen) kann.

Paprikaschoten auf dem Kaiser-Josef-Markt, Graz

Paprikaschoten auf dem Kaiser-Josef-Markt, Graz

Und zum Schluss: Ein Gang über den Kaiser-Josef-Markt weckt den Appetit vor dem Essengehen. (Leert aber leider auch das Portemonnaie. Ich sag nur: Kernöl, Käferbohnen, feinste Käse.)

7 Gedanken zu “Mehr veggiefreundliche Restaurants, bitte!

  1. Elke

    Hej, da muss ich doch jetzt unbedingt eine Nachricht hinterlassen – weil du im schönen Lungau unterwegs warst, wo ich auch so gerne bin (weil mein Freund ein echter Lungauer ist). Ich seh immer sehr viele Radler, der Murradweg geht direkt beim schwiegerelterlichen Haus vorbei – leider aber nur vorbeifahren. Keine Zeit, um die Lungauer Bergwelt (und ihre wirklich einzigartigen Bräuche und – für dich interessant – Gerichte) näher zu entdecken – man versäumt was. Für mich als Weinviertlerin (Niederösterreich) komplett neu waren zum Beispiel die (vegetarischen) Lungauer Hasenöhrl, die man herzhaft mit Sauerkraut (hab das auch auf meinem Blog beschrieben) oder süß essen kann – und auch eine ganz außergewöhnliche Speise ist das Rahmkoch (auch Lungauer Marzipan).
    Ich finde, es lohnt sich immer, wenn man Zeit in touristisch unbekannteren Gegenden verbringen kann, es gibt so einige Schätze zu entdecken – in diesem Sinn, freut es mich, dass du den Murradweg gefahren bist, der ist sicherlich auch nicht so extrem bekannt.

    Und was die vegetarische Auswahl in den Gasthäusern betrifft – das kann ich nur bestätigen. Wenn man mal keine Lust auf Fleisch hat, hat man oft nur die Möglichkeit, gebackenen Käse oder paniertes Gemüse zu ordern. Mittlerweile ist es zu manchen Zeiten etwas besser, derzeit bekommt man auch viele vegetarische Kürbisgerichte, aber manchmal muss man schon danach suchen.

    Liebe Grüße aus Wien
    Elke

    1. Sabine Schlimm Artikel Autor

      Danke für die Tipps, Elke! Leider haben wir ja im Lungau nur anderthalb Tage verbracht, und manchmal dachte ich beim Radeln auch, dass links und rechts vom Weg noch viel, viel zu entdecken wäre. Aber so ist das beim Reisen ja immer. Ich war jetzt schon mal froh, zu entdecken, wie schön es in der Steiermark ist, davon hatte ich nämlich vorher überhaupt keine Vorstellung, wie ich zugeben muss. nach den Hasenöhrl muss ich bei Dir mal schauen!

  2. Susanne

    Da hast Du recht, das ist dringend nötig. Macht aber nicht vor Restaurants Halt……Mein Sohn isst in der Schulkantine. Da gibt es keine Schweinefleisch, weil viele Moslems diese Schule besuchen. Vegetarier darfst du aber nicht sein…..dann kannst Du Dich auf die Beilagen beschränken…..und das ist in vielen öffentlichen Einrichtungen so.

    1. Sabine Schlimm Artikel Autor

      Ja, Kantinen, ein leidiges Thema! Dazu habe ich ja letztes Jahr im Zusammenhang mit der unseligen Diskussion um den Veggie-Day schon mal was geschrieben, und ich höre mir ja regelmäßig Berichte von den „kulinarischen“ Großtaten der Kantine an, in der mein Liebster isst. Da gibt es zwar ein vegetarisches Gericht, aber das ist meist eine Strafe.

  3. Pingback: Es könnte so einfach sein | Kochpoetin

    1. Sabine Schlimm Artikel Autor

      Hoffentlich war’s trotzdem schön bei Euch! Aber wie gesagt, in Deutschland musst Du auch nur mal aus den großen Städten rausfahren, dann erledigt sich das ziemlich schnell mit vegetarischen Alternativen …

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert