3 x Slowfood auf Amrum

Eigentlich sehe ich mich ja eher nicht als Restauranttesterin, deshalb gibt es hier kaum mal Tipps fürs Essengehen. Aber gerade waren wir ein Wochenende auf Amrum (viel zu kurz!), und wir haben dreimal so gut gegessen, dass ich das unbedingt festhalten möchte. Ohne Fotos vom Essen allerdings, denn ich wollte einfach mal im Moment des Daseins das Dasein genießen, statt alles zu dokumentieren – sehr entspannend.

Amrum Dünen im Gegenlicht

 

Hotel Seeblick, Norddorf

Wir hatten was zu feiern – unseren Hochzeitstag nämlich. Deshalb haben wir es uns gleich am ersten Abend im Hotel Seeblick gutgehen lassen. Ein wunderbarer Plan! Das Hotelrestaurant ist Mitglied im Verein Feinheimisch, der sich auf die Fahnen schreibt, regionale Qualitätsprodukte aus Schleswig-Holstein zu fördern. Was dann gleichzeitig heißt: Gekocht wird saisonal, und das steht nicht nur auf der Website, sondern findet sich auch auf der Speisekarte wieder. Da tummelten sich noch allerlei Wurzeln und Knollen, zusammen mit dem ersten Grün – ich hatte zum Beispiel einen Salat mit Giersch und Ziegenfrischkäse. Im Hauscocktail (Gin, Bitter Lemon, Blaubeeren) schwimmen keine frischen Kulturheidelbeeren von sonstwo, sondern tiefgekühlte Waldheidelbeeren. Ansonsten: alles perfekt zubereitet, saftiger Fisch, und im Püree mochte ich sogar die von mir sonst nicht allzu sehr geschätzten Steckrüben. Außerdem finden sich auf der Karte auch einige interessante vegetarische und vegane Gerichte, die über Pasta mit Pesto hinausgehen. Daumen hoch auch dafür! Insgesamt: ein wirklich genussreicher Abend.

Amrum Silbermöwe

 

Preesters Hüs, Nebel

Genauso köstlich, aber vom Charakter her ganz anders, der nächste Abend im Preesters Hüs in Nebel: Hier geht alles etwas ruhiger und familiärer zu. Keine schicke Design-Einrichtung, sondern eine gemütliche Gaststube. Keine New Irgendwas Cuisine, sondern solide Hausmannskost. Aber auch hier legen die Betreiber viel Wert auf Qualität, auf ordentliches Kochhandwerk statt Pülverchen und Päckchen, und das schmeckt man auch – angefangen beim Dressing auf dem Salat. Auf der Karte steht schon der Warnhinweis, dass es „wetterbedingte Ausfälle“ geben kann; ein Indiz dafür, dass hier nicht die Tiefkühltruhe das wichtigste Küchengerät ist. Es gab Kohlpudding mit Specksauce für M. und für mich die Fischplatte mit Seezunge, Sandscholle und Scholle (großartig, um die drei Fische mal nebeneinander zu verkosten); beides hervorragend zubereitet und mehr als reichlich. Wie gut, dass es einen separaten Dessertmagen gibt (is‘ doch so, oder?!), denn ich hätte nicht vom Tisch aufstehen wollen, ohne die friesischen Förtchen zu probieren. Bin ich froh, dass ich es getan habe!

Amrum Muschel mit Sandfahne am Kniepsand

De Strunluuker, Norddorf

Es war hart, aber es ist uns gelungen: am Sonntag vor der Abreise noch eine Mahlzeit unterzubringen. Zum Glück, denn hätten wir es nicht mehr bis zum Strunluuker geschafft, dann wäre das ein echter Verlust gewesen! Und in diesem Fall bin ich doppelt froh, dass ich die Restaurantwahl für dieses Wochenende nicht dem Zufall überlassen habe, sondern vorher recherchiert hatte. Denn an diesem Restaurant wäre ich glatt vorbeigelaufen, und zwar gleich mehrfach. Es liegt zwar direkt vor dem Norddorfer Standzugang, aber im Obergeschoss des ehemaligen Schwimmbads, das außerdem das Naturzentrum Amrum beherbergt. Unten kann man sich also über Pflanzen und Tiere des Wattenmeers informieren, oben gibt es noch ein paar kulturgeschichtlich interessante Ausstellungsthemen (u. a. über Hark Olufs, sicher eine der schillerndsten Amrumer Persönlichkeiten).

Und dann tritt man in den Gastraum des Strunluuker, und guckt tatsächlich, wie es der Name verspricht, über den Strand und den Dünengürtel. Jedenfalls bis die Karte kommt. Die ist klein (mit Hinweis darauf, dass dadurch alles immer frisch zubereitet werden kann), klassisch-deftig orientiert (von Backfisch bis Sauerbraten), aber trotzdem modern genug, um auch Veganes und lustige Getränke (zum Beispiel Bio-Bier oder Apfel-Sanddorn-Schorle) zu bieten. Zudem wird der Hamburger Labskaus tatsächlich mit gepökelter Rinderbrust (und nicht mit Dosenfleisch) hergestellt, für die Pellkartoffeln werden Linda verwendet, und auch hier kommen keine Convenienceprodukte zum Einsatz.

Wir hatten beide schlichte Gerichte, einmal eine klassische Linsensuppe mit Speck von der Tageskarte, einmal den Sherry-Hering in Apfel-Zwiebel-Rote-Bete-Sauce, und beide schmeckten wirklich ganz wunderbar ausgewogen und einfach lecker. Zum Wohlfühlen trug auch die sehr herzliche Bedienung bei. Am liebsten wäre ich bei Kaffee (und Dessert) noch stundenlang sitzen geblieben, aber ach, wir mussten ja mit der letzten Fähre aufs Festland zurück. Und vorher unbedingt noch Minigolf spielen (gehört zwingend zu einem Amrum-Aufenthalt dazu). Aber beim nächsten Mal komme ich wieder, auf jeden Fall!

Amrum Strandkörbe am Kniepsand

Gute Restaurants finden

Noch ein Wort dazu, wie ich diese drei Restaurants überhaupt gefunden habe: In den letzten Jahren habe ich mir angewöhnt, immer erst mal im Internet nach „(Ortsname) Slowfood“ zu suchen. Restaurants, die sich die Slowfood-Grundsätze (wie frisches Essen ohne Convenience-Produkte, saisonale und regionale Küche, handwerklich gut gemacht) auf die Fahnen schreiben, gehen für mich auf jeden Fall schon mal in die richtige Richtung.

Die üblichen Restaurantbewertungsplattformen nehme ich nur in Anspruch, wenn diese erste Suche und auch eine weitere nach Blogs, in denen sich persönliche Empfehlungen finden, nichts ergeben. Denn auf diesen Plattformen bewerten natürlich auch Leute, deren Positivkriterien wenig mit meinen zu tun haben: „Riesenportionen für wenig Geld“, „billiges Bier“, „nicht so modernes Zeug, sondern was Reelles“. Manchmal bleibt das aber alles unbefriedigend, deshalb würde mich mal interessieren: Wie findet ihr denn die Perlen in der Restaurantszene heraus?

Sabine im Wind

Tschüss Amrum, bis zum nächsten Mal!

 

10 Gedanken zu “3 x Slowfood auf Amrum

  1. Anna C.

    Schön geschrieben- und ohne Fotos, das macht mir Mut auch mal ein Restaurant zu erwähnen- denn fotografieren beim auswärts essen ist für mich ein no-go.

    1. Sabine Schlimm Artikel Autor

      Ich finde es oft nicht so schlimm, im Restaurant zu fotografieren, brauche das auch manchmal als Gedankenstütze, wenn ich in irgendeiner Form darüber schreiben will. Aber es nicht zu tun ist eben viel entspannender.

  2. Barbara

    Richtig gutes Essen fotografiere ich fast nie, da passt das für mich von der Stimmung nicht und ich will mich aufs Genießen und mein Gegenüber konzentrieren. „Normales“ Essen fotografiere ich oft.

    Und da sind wir schon beim Thema – es ist wirklich nicht so einfach, frisch gekochtes Essen zu finden, gerade unterwegs. Bei mir ist es meist spontan, dass ich irgendwo bin und dann Hunger kriege; nicht planbar. Da lande ich manchmal doch bei den bekannten Burgerketten. Mehr als einmal im Monat will ich das nicht, auf langen Autobahnstouren ist es halt praktisch.

    Danke für die Idee, nach Slowfood zu suchen – das ist ein guter Ansatz. Ich habe sonst die App Bookatable von Michelin, da sind auch gute Restaurants drin. Ab einem gewissen Niveau sind es ja zum Glück nicht mehr die Riesenportionen für wenig Geld.

    1. Sabine Schlimm Artikel Autor

      Wenn ich das so lese, dann bin ich mal wieder dankbar, dass ich nicht so viel unterwegs sein muss! Aber klar, ich stehe auch immer wieder vor den üblichen Bahnhofsbäckereifilialen und kaufe Pappbrötchen, um mich dann in den nächsten Zug zu stürzen. Traurig. Richtig gutes Essen in Bahnhöfen, das wär’s auch mal …

  3. Ulrike

    Amrum – meine Lieblingsinsel und mein Lieblingshotel ist „Mein Inselhotel“ in Norddorf. Da kocht der Chef nur für die Gäste der 15 Zimmer. Ob es Slow Food ist ? – es schmeckt jedenfalls Abends nach einem Inseltag mit Sonne, Wind, Schnee oder Regen. Im Juli bin ich wieder für eine Woche dort und hoffe auf Sommer. Den Strunluuker werde ich dann auf jeden Fall ausprobieren – hört sich lecker an.
    Danke für deine Tipps.

    1. Sabine Schlimm Artikel Autor

      Ich drücke die Daumen für eine perfekte Inselsommerwoche! Danke für den Hoteltipp; wenn wir uns das nächste Mal etwas zeitiger entscheiden als spontan eine Woche vorher für ein Wochenende in den Osterferien (ähem), dann haben wir da ja vielleicht sogar Chancen.

  4. Antje müller

    Oh ja, schöne und leckere Urlaubserinnerungen! Die Slowfood-Tipps finde ich auch eine gute Orientierungshilfe, die ich jetzt, wo ich nicht mehr mit Kindern unterwegs bin, auch gern nutze. Ein netter Reminder, mal wieder nach Amrum zu fahren.

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