Reinschmecken in Afrikas Küchen

Fünf Wochen Südfrankreich. Das kulinarische Programm ist klar, oder? Bouillabaisse, Aïoli, Daube provençale … Dachte ich auch. Und dann kam ich nach Marseille und war fasziniert von den vielen Restaurants, in denen man sich durch afrikanische Küchen probieren kann, mit Spezialitäten aus Senegal, Mali, dem Kongo, von der Elfenbeinküste und aus Ghana. Von den nordafrikanischen Gerichten wie Couscous und Tajine einmal ganz zu schweigen, denn beide gibt es buchstäblich an jeder Straßenecke. Aber während ich der algerischen, tunesischen und marokkanischen Küche schon des Öfteren begegnet bin, sieht das mit den diversen Kochkulturen der weiter südlich gelegenen Länder Afrikas ganz anders aus. Also beschloss ich, meinen Aufenthalt hier für ein paar Expeditionen in dieses kulinarische Neuland zu nutzen.

Ich bin in fünf Wochen natürlich nicht zur Expertin geworden – alles andere als das. Aber ein Funke ist übergesprungen, und ich habe mir sogar ein einschlägiges Kochbuch gekauft: Alexandre Bella Ola, Joëlle Cuvilliez, Jean-Luc Tabuteau: Cuisine actuelle de l’Afrique noire (ausnahmsweise mit Link zum großen A, da sonst nicht erhältlich). Darin werde ich sicher noch oft schmökern, denn es gibt neben reichlich Rezepten auch Hintergrundinfos zu bestimmten klassischen Gerichten.

Tischschmuck

An diese Klassiker habe ich mich hauptsächlich gehalten. Irgendwo muss man schließlich anfangen! Da mir Vergleichsmöglichkeiten fehlten, konnte ich nicht so recht sagen, ob sie in den von mir angesteuerten Restaurants nun besonders gut oder besonders schlecht zubereitet waren. Geschmeckt haben sie mir jedenfalls. Alle fallen in die Kategorie Hausmannskost, aber auch das kann natürlich an den ausgewählten Lokalen liegen. Vielleicht gibt es irgendwo afrikanische Hochküche zu probieren; gefunden habe ich hier ausschließlich Restaurants, die mehr oder weniger preiswerte Mahlzeiten auf den Tisch stellen, und zwar auch für die jeweilige nationale Community.

Vorab noch zwei Bemerkungen: Tut mir leid, dass ich im Folgenden immer nur von „gut gewürzt“ schreibe: Ich hätte das gerne etwas genauer erklärt, aber ich konnte die verwendeten Gewürze wirklich nicht identifizieren. Eine schüchterne Nachfrage hat auch nichts Eindeutiges zutage gefördert: Das seien afrikanische Gewürze, die sie nur unter ihren afrikanischen Namen kennen. Nun ja. Jedenfalls war der Geschmackseindruck deutlich anders als bei den Küchen, die ich sonst so kenne. Und zweitens: Fotogen war quasi nichts von dem, was ich probiert habe. Oder es hätte eine geschicktere Fotografin als mich gebraucht. Deshalb gibt es hier im Wesentlichen Symbolbilder. ;-)

Aber jetzt: Mögt ihr mitkommen auf eine kleine kulinarische Reise durch einen kulinarisch bisher noch wenig bekannten Kontinent? Dann los!

Maffé, Mafé, Maafé

Hauptsache Erdnusssauce! Maffé stand in allen besuchten Restaurants auf der Karte, egal welcher Länderküche sie sich verschrieben hatten. Sprich: ein superbeliebtes Gericht, das in tausenderlei Varianten vorkommt. Im Grunde ist es ein Eintopf aus Fleisch oder Fisch in, nun ja, Erdnusssauce. Das war’s auch schon. Meine Version war mit Rindfleisch zubereitet, das schön lange geschmort worden war und praktisch zerfiel. Dazu gab’s Reis. Sättigend, befriedigend, aber nicht besonders aufregend, und ich hätte mir ein bisschen Gemüse in der Sauce gewünscht. Vielleicht gibt’s das ja anderswo dazu, und vielleicht wird auch mitunter stärker gewürzt. Ich glaube, Maffé würde ich gerne noch häufiger probieren.

Gegessen habe ich es in diesem ivorischen Restaurant, das mir sehr empfohlen wurde, auch und gerade für sein Maffé: Chez Mama Africa.

Masken

Thiboudien, Thiéboudienne, Tiep bou dienn

Thiboudien bedeutet „Fisch mit Reis“ und ist das senegalesische Nationalgericht. Der Reis dafür wird in einer tomatigen, würzigen Sauce gekocht und kommt tiefdunkelrotbraun auf den Tisch. Dazu gibt es Gemüse (juchhu!) und Fisch, dem eine Zwiebel-Kräuter-Mischung unter die Haut geschoben wird. Das alles war in meinem Fall wunderbar aromatisch-pikant, was wohl nicht nur auf Gewürze zurückzuführen ist, sondern auch auf  Trockenfisch bzw. getrocknete Meeresfrüchte. Wer nachwürzen möchte, bekommt Chilipaste extra. Der Geschmack hat mir sehr gefallen! Dass Fisch so lange gegart wird, bis er ordentlich „durch“ und trocken ist, kenne ich aus anderen südlichen Ländern auch …

Probiert habe ich das Gericht hier: Restaurant Ziguinchor. Sehr freundliche Atmosphäre; im Hintergrund lief ein Fußballspiel Kamerun gegen Guinea-Bissau, bei dem Gäste und Angestellte gleichermaßen enthusiastisch mitgingen.

Speziell für Thiboudien wurde mir außerdem das Restaurant Baobab empfohlen, aber dort stand ich mehrfach vor verschlossenen Türen. Ich weiß nicht, ob es wieder aufmacht.

Liboké

Mit Liboké reisen wir in den Kongo und bekommen Fleisch oder Fisch, im Bananenblatt gegart. In meinem Fall war das Kalbfleisch, wirklich ganz wunderbar gewürzt und sehr zart. Dazu gab es Yamspüree, das ziemlich neutral schmeckt, aber einen tollen Hintergrund für Fleisch und Sauce abgab. Und wieder: Chilipaste zum Nachwürzen.

Fisch kongolesisch

Gegessen habe ich es im kongolesischen Restaurant Marafiki, das qualitativ aus den anderen Lokalen herausstach. Meine Begleiterin hatte Fisch bestellt und bekam einen im Ganzen gegarten Wolfsbarsch mit Paprika und Zwiebeln, dazu frittierte Kochbananen – ebenfalls ganz wunderbar. Und der Fisch war kein bisschen trocken!

Poulet Yassa (Hähnchen Yassa)

Ursprünglich aus der Gegend von Casamance im Senegal stammend, hat das Hähnchen Yassa eine steile Karriere hingelegt und gehört auch in Frankreich offenbar zu den beliebtesten afrikanischen Gerichten. Das liegt sicher an seinem großartig säuerlich-herzhaften Geschmack. Zwiebeln und Zitrone spielen hier neben dem Hähnchen die Hauptrollen, und – für mich erst mal überraschend – Senf. Optional kommen noch Oliven dazu. Anders als Thiboudien gilt Hähnchen Yassa nicht als Festtagsspeise, sondern als Alltags- und Familiengericht. Dazu gibt es Reis. Für mich war es eine echte Entdeckung, und ich will auf jeden Fall versuchen, es zu Hause nachzukochen.

Gegessen habe ich es im Restaurant Le Chaudron Africain, ein Auge fasziniert auf dem Fernseher, wo ein afrikanischer (näher kann ich das leider nicht eingrenzen) Musiksender lief. Auf der Karte standen unter anderem ghanaische Spezialitäten, und eigentlich wollte ich deswegen dahin, aber da ich Hähnchen Yassa noch nicht verkostet hatte, bin ich dabei hängen geblieben. Das war auf jeden Fall eine gute Wahl!

Chakri, Tchakri, Chakery

Auf der Dessertkarte des Ziguinchor stand Tchakri, in süßer Milch gekochter Hirsecouscous. Ich war zwar nach dem Thiboudien mehr als satt, aber diese Süßspeise habe ich mir einpacken lassen, um sie am nächsten Tag zu probieren. Fand ich toll!

(Jus de) Bissap

Aus Syrien kenne ich das Getränk als Karkadeh: kalter Tee aus Hibiskusblüten, der eigentlich fruchtig-säuerlich schmeckt, aber maximal gezuckert auf den Tisch kommt. Egal, ich mag ihn trotzdem, und sei es aus nostalgischen Gründen. Mir macht allein schon die Farbe gute Laune, dieses Tiefdunkelrot.

Bissap Karkadeh

Wie ist es bei euch: Habt ihr schon mal in die afrikanischen Küchen reingeschmeckt? Erzählt doch mal von euren Entdeckungen!

13 Gedanken zu “Reinschmecken in Afrikas Küchen

  1. Anna C.

    ganz interessant, und macht Lust auf die Gegend. Ich war gelegentlich in Lokalen in denen eritreisch gekocht wird, und fand das auch gut- wie du sagst keine Hochküche sondern Hausmannskost, teils auf riesigen Fladen serviert, stilecht sollte kein Besteck verwendet werden sondern die Fladen dienen als Hülle und zum Auftunken…

    1. Sabine Schlimm Artikel Autor

      Oh ja, ein paarmal war ich (zu Hause) auch eritreisch bzw. äthiopisch essen. Das fand ich auch super, und ich habe schon ewig eine Tüte Teffmehl zu Hause rumstehen, um irgendwann mal stilechte Injera-Fladen zu machen. Mal gucken, wann ich dazu komme.

  2. Anette

    Es gab früher (sicher zehn Jahre her) auf der Torstraße in Berlin einen (ich glaube) ghanaischen Imbiss, in dem ich mal absolut tolle frittierte Yamswurzel (statt Pommes) gegessen habe. Als ich nach Berlin zog (im Winter 2009/10) hatte der Imbiss leider zugemacht (oder ich habe ihn nicht mehr wiedergefunden?). Der frittierten Yamswurzel weine ich immer noch hinterher, denn Pommes und Ähnliches finde ich immer super.
    Richtig richtig toll finde ich auch äthiopisch. Das habe ich in München mal gegessen, und da wurde ich auch als Fleischverächterin wirklich glücklich (allerdings muss man Hülsenfrüchte lieben – tue ich). Und Sauerteigfladen gut vertragen (geht so). Aber lecker war’s!
    Das war’s schon mit meinen kulinarischen Ausflügen in Richtung Schwarzafrika. Schade eigentlich.

  3. Friederike

    diese äthiopischen Fladen Injera kenne ich, Bekannte haben vor Jahren einmal Speisen aus ihrem Heimatland gekocht. Mir haben sie nicht geschmeckt (der Rest war gut), sie waren so schaumstoffartig :-(

    Ich wollte dir noch danke sagen für die Marseille-Tipps, denn wir sind im April in Südfrankreich und wollten eigentlich die Stadt links liegen lassen, wir werden sehen,
    lg

    1. Sabine Schlimm Artikel Autor

      Liebe Friederike, der Artikel mit den kulinarischen Marseille-Tipps kommt noch – hoffentlich nächste Woche. Aber ich kann die Stadt schon jetzt sehr empfehlen! Mir hat sie richtig gut gefallen.

  4. Pingback: Marseille für Foodies: 12 kulinarische Entdeckungen (Teil 2) – Schmeckt nach mehr

  5. Pingback: Das Jahr im Blog: #foodblogbilanz17 – Schmeckt nach mehr

  6. Julia vom Foodblog Löffelgenuss

    Liebe Sabine,
    ich bin über deine Foodblogbilanz 2017 glücklicherweise auf dieser Seite gelandet. Interessant, was du schreibst! Ich habe mit der afrikanischen Küche bisher kaum Erfahrungen gemacht. Ich habe nur ein einziges Gericht aus Mali auf meinem Blog: Die Cousine meines Mannes hat ein Kind aus Mali adoptiert, von ihr habe ich ein Rezept für Hähnchengeschnetzeltes in … drei mal darfst du raten ;-) … Erdnusssoße – allerdings noch mit Spinat und Möhren.
    Ich war Anfang letzten Jahres in Südafrika und habe dort die kapmalaiische Küche entdeckt, die stark von muslimischen Einflüssen geprägt ist. Total lecker und sehr spannend. Der werde ich mich dieses Jahr auf jeden Fall widmen.
    Weiterhin frohes Entdecken!
    Viele Grüße
    Julia

  7. S.

    Liebe Sabine,
    Schade, dass du in deinem (ansonsten interessanten) Artikel den rassistischen und veralteten Begriff „Schwarzafrika“ verwendest….. Der Begriff ist historisch negativ belastet und kann, so finde ich, nicht verwendet werden. Mir stößt der Begriff sehr negativ auf.
    Hier ein paar Referenzen dazu: http://www.bpb.de/gesellschaft/migration/afrikanische-diaspora/59407/afrikaterminologie?p=all https://www.lexas.de/afrika/schwarzafrika.aspx
    Und, speziell für Journalist*innen, eine Publikation von der Initative Schwarzer Menschen in Deutschland: http://www.derbraunemob.de/shared/download/warum_nicht_schwarzafrikaner.pdf
    Warum benennst du die einzelnen Länderküchen nicht wie im Rest deines Artikels einfach beim Namen? Afrika ist schließlich ein Kontinent mit 55 Ländern und das, was du als „Länderküchen Schwarzafrika“ und „schwarzafrikanisch“ bezeichnest, ist kein homogener Raum, wo alles gleich ist.
    Zu diesem Thema kann ich dir sehr das Buch „Wie Rassismus aus Wörtern spricht“ empfehlen, ist ein gutes Nachschlagewerk, insbesondere für Menschen, die beruflich Texte verfassen.

    Herzliche Grüße,
    S.

    1. Sabine Schlimm Artikel Autor

      Vielen Dank für den Hinweis, der gut und wichtig ist! Ich dachte, der Begriff wäre okay, weil man auch von Schwarzen Menschen spricht (sprechen soll). Zudem hat mir wohl der Name des französischsprachigen Kochbuchs reingefunkt. Das nur zur Erklärung, nicht Entschuldigung. Jedenfalls habe ich es im Artikel geändert.

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